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Hotel Dusk: Room 215 (Adventure) – Hotel Dusk: Room 215

Ihr gehört zu den erzählerisch Verwahrlosten? Ihr sehnt euch nach guten Geschichten, markanten Charakteren und einem psychologisch interessanten Abenteuer? Dann bucht das Ticket in den amerikanischen Westen und checkt als Ex-Cop im Hotel Dusk ein. Wenn ihr den Staub alter Adventures abgeklopft habt, solltet ihr euren Koffer öffnen und das erste Rätsel auf einer mysteriösen Reise lösen. Hinter jedem Zimmer lauert ein Schicksal.

© Cing / Nintendo

Reise ins Schwarzweiße

Manchmal führen die ersten Sekunden eines Spiels direkt in die Vergangenheit. Erinnert ihr euch noch an den Song „Take on

Die Wurzeln von Hotel Dusk? Schwarzweiß-Animationen im Musikvideo „Take On Me“ von a-ha (1985). Vergleicht das mal mit den Videos:

Download: Trailer 1; Download: Trailer 2

Me“? Die norwegische Band a-ha konnte damit in den 80ern nicht nur die Charts stürmen, sondern auch visuell begeistern. Das Musikvideo bestach durch animierte Schwarzweiß-Szenen: Statt echter Schauspieler bewegten sich flimmernde Bleistiftfiguren im Takt mit Sänger Morten Harket. Diese Technik nennt man „Rotoskopie“: Erst werden reale Szenen aufgenommen, danach werden sie verfremdet und von Zeichnern so überarbeitet, dass sich nur noch Konturen bewegen.

Das, was 1914 von Max Fleischer patentiert wurde, Comicfiguren wie Betty Boop und Popeye auf den Fernseher brachte und schließlich 1985 als Song auf MTV begeisterte, wird 2007 auf dem DS fortgeführt. Ihr schlüpft in die gezeichnete Rolle von Ex-Cop Kyle Hyde. Ein junger Mann zwischen Pitt und Payne, ein Grübler, ein Zyniker, der als Handelsvertreter in einem abgelegenen Hotel an der amerikanischen Westküste Station macht.  Der Putz bröckelt, der Wirt sieht aus wie Stallones Onkel und irgendwie scheint man trotz der realen Situation in eine surreale Anderwelt abzutauchen. Es riecht trotz der freundlichen Fahrstuhlmusik nach Staub und Depression, aber auch leicht nach  Twilight Zone und Mystery. Der schraffierte Stil verfremdet den Helden, schafft aber zugleich emotionale Nähe: Egal ob Skepsis oder Überraschung, Ärger oder Nachdenklichkeit – alles wird von animierten grauen Strichen dargestellt. Das Ergebnis: Jedes Zucken der Augenbrauen überträgt eine Stimmung. Es entsteht eine unheimlich ausdrucksstarke Mimik mit feinen Schattierungen.

Ein komfortabler Spieleschmöker

Ich liebe diesen Stil. Die Entwickler haben sich vom Film noir inspirieren lassen und nehmen mich mit auf die Reise in ihre auf den ersten Blick simple, auf den zweiten Blick unheimlich tiefgründige Detektivgeschichte. Nintendo spricht mich hier als Erwachsenen an, serviert mir auf dem Handheld ernsthafte Unterhaltung abseits kindgerechter Jump’n Run-Welten. Und ich liebe die bequeme Spielhaltung. Ihr haltet die Minikonsole hochkant wie ein Buch: In der linken Hand der aufgeklappte DS, in der rechten Hand locker der Stift. Das Schöne ist: Der Daumen liegt so nah am Steuerkreuz, dass ihr ganz bequem in Gesprächen weiterblättern könnt – die Buttons braucht ihr nicht. Sollten euch die Dialogzeilen zu langsam verschwinden, könnt ihr die Anzeige auch beschleunigen. An Linkshänder hat man ebenfalls gedacht und serviert eine alternative Belegung.

Ein Highway, ein Ex-Cop, ein Hotel: Was wie ein gewöhnlicher Stopp eines Handelsvertreters beginnt, entpuppt sich als Trip in die Vergangenheit.

Gibt es viel zu lesen? Oh ja. Und keine Sprachausgabe. Aber keine Bange: Erstens befinden sich viele kurzweilige Dialoge darunter, die einen angenehmen Slang abbilden. Anstatt „I don’t know“ heißt es hier z.B. kurz „Dunno.“ Ich habe mich durchs amerikanische Original geknobelt. Leider konnte uns Nintendo bis zum heutigen Release noch keine deutschsprachige Version zukommen lassen.

Schön sind auch die regelmäßigen Zusammenfassungen des bisher Geschehenen: Ähnlich wie in Another Code <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=7913′)“>

gibt es zum Abschluss jedes der zehn Kapitel ein kleines Multiple-Choice-Fragequiz, das die Ereignisse noch mal Revue passieren lässt. Das ist angesichts der verzwickten Story mit ihren Rückblicken auch nötig. Hier gibt es zwar keine Punkte, kein Game Over, aber man muss alles irgendwann richtig beantworten.

Aus erzählerischer Sicht ist Hotel Dusk sehr intelligent konzipiert: Es gibt viele kleine Fäden und über ein Dutzend Charaktere, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, aber irgendwie ein großes Ganzes erahnen lassen.  Man kann vielleicht monieren, dass manche Zusammenhänge etwas zu früh klar werden, aber jedes Kapitel zeigt neue Facetten, überrascht mit all zu menschlichen Problemen: Da ist der Halbkriminelle, der im Hotel aushilft, aber dem strengen Regiment der Küchenchefin gerne entflieht, indem er sich im Besenraum am Pinup-Magazin ergötzt. Da ist das Mädchen, das seine Mutter vermisst und ihrem Vater nicht traut. Jede Begegnung mit den Bewohnern des Hotels weckt die Neugier, je öfter ihr mit ihnen sprecht, desto weiter wird die Tür in ihre Konflikte, Erlebnisse und Gefühle aufgestoßen.