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Hotel Dusk: Room 215 (Adventure) – Hotel Dusk: Room 215

Ihr gehört zu den erzählerisch Verwahrlosten? Ihr sehnt euch nach guten Geschichten, markanten Charakteren und einem psychologisch interessanten Abenteuer? Dann bucht das Ticket in den amerikanischen Westen und checkt als Ex-Cop im Hotel Dusk ein. Wenn ihr den Staub alter Adventures abgeklopft habt, solltet ihr euren Koffer öffnen und das erste Rätsel auf einer mysteriösen Reise lösen. Hinter jedem Zimmer lauert ein Schicksal.

© Cing / Nintendo

Kleine Unstimmigkeiten

Bei aller Liebe zu diesem Spiel: Auch Hotel Dusk zeigt einige Adventurekrankheiten der klassischen Point&Click-Kollegen, die zwar dem Fortschreiten der Story zugute kommen, aber nichtsdestotrotz ärgerlich sind: Man kann nicht jeden Gegenstand

Auch auf dem Dach des Hotels kommt es zu Begegnungen: Sprecht ihr die schöne Fremde an, die weiter hinten wartet?

sofort aufnehmen, manchmal muss erst eine bestimmte Situation ausgelöst werden. Außerdem erreicht man nicht unbedingt die Rätseldichte eines Monkey Island. Etwas mehr Geknobel, etwas mehr Spielereien hätten das Gespenst des interaktiven Buches vertreiben können. Mich stört seine Anwesenheit nicht, denn die Story ist einfach zu interessant. Es ist auch nicht so, dass es es frustrierend umherspuken würde, aber es zeigt sich hier und da. Manchmal vergeht sehr viel Zeit, ohne dass man etwas zu tun hat. Man läuft durch das Hotel, sucht den nächsten Ansprechpartner, die auslösende Situation. Es gibt zudem nervige Sackgassen, darunter gute und schlechte.

Die verdammten Sackgassen, aber…

Nachdenken. In das Notizbuch schauen. Noch mal alle Charaktere durchgehen. Wie geht es weiter? Nach sechs Stunden und ein paar zerquetschten Minuten hing ich z.B. im dritten Kapitel fest. Ich streifte ratlos durch mein Zimmer, durchwühlte meinen Koffer – eine Flasche Whiskey, ein paar Rechnungen, ein Bleistift, ein Hemd. Aber keine Lösung in Sicht. Auch ein Blick ins Notizbuch half nicht weiter. Moment mal: Welchen Gegenstand hatte ich kürzlich erhalten? Den gravierten Füllfederhalter. War das eine Spur? Falls ja, was sollte ich mit ihm machen?

Man muss öfter um die Ecke denken, damit man weiterkommt. Ich habe allerdings nichts dagegen, wenn ich mal irgendwo hängen bleibe, so lange sich die Lösung logisch nachvollziehen lässt – und das ist hier oft der Fall. Es gibt aber auch Stellen, an denen man partout nicht weiß, was man tun soll, damit die Geschichte weitergeht. Ich habe das Spiel dann bewusst zwei Tage ruhen lassen, mir Gedanken gemacht, um vielleicht einen logischen Hinweis zu finden. Wenn man mit allen Personen gesprochen, an alle Türen geklopft und alle Gegenstände mit allen erdenklichen Orten benutzt hat, wächst natürlich der Unmut. Und diese Sackgassen hätten auch fast den Platin-Award gekostet. Warum hat man nicht ein logisches Hilfesystem eingebaut à la Geheimakte: Tunguska <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=7887′)“>

 eingebaut? Warum kann man sich zur Not keine Tipps anzeigen lassen?

…da will man durch!


Trotzdem hat dieses Spiel keine Sekunde seine Faszination verloren. Die Motivation ist einfach: Ich will dem Mann helfen. Man will seine Verbitterung auflösen. Man

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will aber auch wissen, was genau zwischen Kyle und Bradley abgelaufen ist. Der Protagonist ist sympathisch, unter seiner zynischen Oberfläche durchaus offen und kavaliertauglich. Manchmal wirkt er wie ein junger Max Payne, der nicht mit Projektilzeitlupe, sondern mit Stiftneugier nach Erlösung sucht. Aber Rache ist erst süß, wenn sie da ist. Also verbringe ich mit Kyle Hyde meine Nächte, bis ich das Geheimnis des Hotels gelüftet habe. Es gibt so viele interessante Fragen: Was haben die Zimmernamen zu bedeuten? Welche Rolle spielt mein Arbeitgeber Ed in der ganzen Sache? Und selbst wenn es Sackgassen gibt, muss man bedenken, dass dieses Spiel mit seinen zwölf bis fünfzehn Stunden nicht nur verdammt umfangreich ist, sondern auch endlich mal menschliche Konflikte thematisiert. Da wird geweint, da brechen Schauspieler zusammen, da geht es um Liebe, Hass, Neid und Stolz. All das ist ein herrlicher ernster Kontrapunkt zum Cool-witzig-ein-Gag-jagt-den-nächsten-Stil vieler anderer Adventures. Es sind auch die Details, die Spaß machen: Zeigt mal dem Schriftsteller das Pinup-Magazin.

Und es wirft skurrile Fragen auf: Warum heißt der Hotelchef genau so wie der Regisseur von Yellow Submarine, der eben jene Rotoskopie nutzte? Ist es ein Zufall, dass viele der Figuren so wirken, als würden sie jeweils eine Generation derselben Person repräsentieren? Das Mädchen, die Frau, die Alte – sie heißen anders, aber sehen sich so verdammt ähnlich. Vielleicht ist das auch nur ein wirrer Gedanke. Einer von vielen, die mir beim Spielen durch den Kopf schossen. Hotel Dusk ist eines der wenigen Spiele, das überhaupt zum Nachdenken anregt. Hier ist der Plot vielleicht schon so anziehend, dass das eigentliche Rätseln manchmal etwas untergeht. Der grübelnde Ex-Cop, der seine besten Jahre gerade als Handelsvertreter verschwendet, der von düsteren Gedanken geplagt wird und auf all zu menschliche Probleme trifft, deren Lösungen irgendwie mit seinem Schicksal zusammen hängen. Hinzu kommen all die Stilelemente des Film noir, die eine unheimlich fesselnde psychologische Ausgangssituation erzeugen. Auch wenn es kleine Schwächen gibt: Hotel Dusk ist etwas Besonderes, beschert euch eine einmalige Spielerfahrung.