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Pro Evolution Soccer 2009 (Sport) – Pro Evolution Soccer 2009

FIFA 09 marschiert mit stolz geschwellter Brust nicht nur in die Verkaufscharts, sondern auch hoch hinauf in die Testcharts: Das Fußballspiel von Electronic Arts konnte mit einer Qualität überzeugen, die die Presse international überrascht hat. Auch wir haben den Kick von EA zum ersten Mal seit Jahren mit einem Gold-Award und 85% ausgezeichnet. Jetzt steht der Konkurrent auf dem Testplatz, der bisher immer unsere klare Nummer 1 war: Pro Evolution Soccer 2009.

© Konami / Konami

Tempowechsel & Offensive

Was Konamis Kick besser macht, ist immer noch der Tempowechsel: Das Spiel kann hier aufgrund eines Ballgeschiebes im defensiven Mittelfeld fast zum Erliegen kommen und dann kann ich über einen Pass in die Tiefe oder einen schnellen Doppelpass plötzlich Räume schaffen, weil einem die Verteidiger hier selbst bei aktivierter Doppeldeckung und Pressing nicht so gnadenlos auf den Füßen stehen wie in FIFA. Dadurch öffnen sich mehr Räume, dadurch ergeben sich viele kreative Möglichkeiten im Spielaufbau – und das ist die große, aber auch die letzte klare Stärke von PES.

Denn selbst im heiligen Bereich der Ballphysik ist FIFA 09 ganz vorne mit dabei, dieses Jahr sogar knapp vor PES. Konami hat ja auch die Windverhältnisse sowie den Untergrund stärker in die Berechnung der Passweite mit einbezogen – das ist eine lobenswerte Entscheidung. Allerdings wirkt es manchmal auch ohne Regen und Böen so, als würde man auf durchnässtem Rasen spielen, wenn der Ball auf den letzten Metern plötzlich versackt. Man hat das Gefühl, dass viel zu oft viel zu wenig Druck dahinter ist, wenn es mal wieder zu einem schlaffen Pass oder auch Schuss gekommen ist.

Schießen & Passen

Pokale und Auszeichnungen häufen sich irgendwann im Trophäenraum.

Wenn man aus der zweiten Reihe schießt, zieht der Ball so oft so weit nach oben, dass man hier bei den ersten Spielen fast an eine FIFA-Schwäche erinnert wird. Natürlich kann man sich daran gewöhnen und irgendwann dosiert man Schusskraft so gut und positioniert seinen Spieler so gut, dass auch wieder ein Pfund Richtung Tor jagt, das sich auf den letzten Metern senkt. Aber ehrlich gesagt hat Konami diese wuchtigen Schüsse diesmal zu stark an Bedingungen geknüpft, denn selbst wenn ich unbedrängt abziehe, schwebt das Leder zu oft in die Höhe. Man hat die Schussdynamik einfach künstlich gedrosselt und das raubt mir immer wieder die Lust am Distanzschuss.

Und diese Art der Verlangsamung beim Passen sollte wirklich nur bei entsprechenden Wetterbedingungen auftreten – hier habe ich aber das Gefühl, dass der Ball auch bei klarem Wetter und Sonnenschein viel zu kraftlos kullert. Außerdem fällt auf, dass es dieser Jahr häufiger zu irritierenden Fehlpässen kommt, dass eindeutig nach außen anvisierte Pässe plötzlich schräg in die Mitte gespielt werden. Man kann natürlich gegen wirken, indem man bei der Annahme schon die Präzisionstaste drückt und dann weiter spielt, aber im Vergleich zu früheren Versionen fragt man sich öfter, warum dem Ball irgendwann die Luft ausging und wieso er jetzt so blöd gespielt wurde. Vielleicht hat man hier einfach zu viel herum experimentiert, denn auch manche Schüsse aufs Tor leiden wie gesagt unter plötzlichem Energieverlust – und das hemmt den Spielspaß. Entweder sind es die neuen Auswirkungen von Boden und Wind, die sie verschlimmbessern oder es ist etwas anderes; der Vorgänger Pro Evolution Soccer 2008 hat uns schon nach drei, vier Matches in diesem Gebiet begeistert. Und FIFA kann hier ebenfalls vorbeiziehen, denn dieses Jahr schlagen auch Volley, Dropkicks und Distanzschüsse bei richtiger Dosierung klasse ein, zumal der Schlenzer für neue Eleganz sorgt.

Neue Steuerungsfinessen?

Was ist sonst noch neu oder anders? Enttäuschend ist erstmal, dass es mal wieder nicht das ausführliche Training zum Nachahmen wirklich aller Steuerungsfinessen gibt, wie man es zu besten PlayStation 2-Zeiten kannte. Sprich: Man kann frei spielen, Ecken und Freistöße sowie Schüsse auf dem Bolzplatz üben, aber man wird nicht im Detail an all die in irgendwelchen Texten oder der Anleitung versteckten Finessen der Steuerung heran geführt – eine Lücke, die wir auch an FIFA 09 kritisierten.

Ja, Volleys krachen immer noch. Und Flanken kommen scharf. Aber im Animationsbereich liegt man klar hinter FIFA 09, das wesentlich weichere und lebendigere Bewegungen zeigt.

Warum bietet man auf Xbox 360 und PS3 nicht denselben Komfort wie anno 2005 auf PS2? Warum hebt man die (wenigen) neuen Spielmechaniken wie das manuelle Laufen ohne Ball oder die Dribblings oder das Ballabschirmen nicht mit gezielten Übungen hervor? Nicht nur Einsteigern würde das entgegen kommen.

Veteranen können natürlich darauf verzichten, denn die Steuerung gleicht der vom Vorjahr wie ein Zwilling. Die Schwalbe ist wieder da, die Freistöße, Elfmeter und Ecken laufen identisch ab. Die Ballannahme kann einfach oder sicher eingeleitet werden. Es gibt bis auf das oben erwähnte Laufen mit dem Mann ohne Ball weder neue Passvarianten noch neue Schusstechniken. Bei Ersteren ist das nicht schlimm, denn die Kurz- und Doppelpässe sowie Zuspiele in die Tiefe sind in PES immer noch vorbildlich. Und nicht nur die Flankenwechsel sind ansehnlicher und effektiver als in FIFA 09, da sie das Spiel schneller verlagern und damit für offene Räume sorgen.

In FIFA 09 sind diese weiten Bälle kaum nötig und wenn man sie spielt, brauchen sie zu lange oder die Ballannahme ist zu lethargisch, um sofort Tempo reinzubringen. Hier ist PES etwas dynamischer. Auch die Flanken in den Strafraum kommen ungeheuer knackig und scharf, bevor es teilweise zu krachenden Volleys oder wuchtigen Kopfbällen kommt. Sprich: Alles, was in PES von der Seite in den 16er herein kommt, ähnelt einer Rakete – fast schon zu sehr, denn selbst mancher Distanzschuss wird in Sachen Wucht von einer einfachen Flanke getoppt. Auch hier hat Konami für meine Begriffe zu viel geschraubt – PES 2008 wirkte da realistischer. Und die Flanken in FIFA 09 wirken dieses Jahr einfach authentischer und fühlen sich nach einiger Übung auch deutlich besser an.