Veröffentlicht inTests

Splinter Cell: Double Agent (Action-Adventure) – Splinter Cell: Double Agent

Er ist zurück! Sam Fisher muss einmal mehr dem Terrorismus den Garaus machen – doch diesmal ist alles anders. Denn in Splinter Cell: Double Agent infiltriert ihr den Gegner nicht von außen, sondern seid als Maulwurf unter den Verbrechern unterwegs. Was ändert sich für den Geheimagenten? Schleicht es sich bei Tageslicht anders als in den Schatten der Nacht? Und wie gelingt der futuristischen Stealth-Action ihr erster Next-Gen-Auftritt?

© Ubisoft Montréal (Xbox, PS2 & GC) / Ubisoft Shanghai (360 & PC) / Ubisoft

Toller Ausblick, schlechte Sicht

Nach der Einführung gibt es auch keine vorberechneten Zwischensequenzen mehr, dafür protzt Splinter Cell mit beeindruckenden Echtzeit-Bildern. Fisher stapft über die verschneite Eiswüste des Ochotskischen Meeres, seilt sich zum Jahreswechsel an der Außenwand eines chinesischen Wolkenkratzers ab, schleicht durch das Kasino eines Luxuskreuzers und gerät in Kinshasa zwischen die Fronten eines Bürgerkrieges. Damit haben die Entwickler mehr Szenarien erschaffen als die Set-Bauer eines durchschnittlichen Bond-Films. Und es sieht hervorragend aus, was auf der 360 läuft! Die Sichtweite ist, vom Schneesturm-Abschnitt abgesehen, enorm – ihr macht selbst in weiter Ferne noch Details aus. In China seht ihr z.B. die Autos auf der tiefen Straße oder ein Feuerwerk am Horizont. Wenn Sam aus dem

Wasser auftaucht, perlen Tropfen über die Kamera und an den Klippen der Eiswüste wird das Licht in verschiedene Farbspektren 

In der Eiswüste sind die Wachen nur schwer aus der Ferne zu sehen – Sam allerdings ebenso.

gebrochen. Die Oberflächen wirken zwar etwas unscharf, doch das fällt in der detaillierten Umgebung kaum auf. Erkauft wird die Qualität mit einem gelegentlichen Stottern, besonders bei nahen Explosionen pausiert der Ablauf scheinbar kurz. Gestört hat mich das nie, denn auf schnelle Reaktionen und punktgenaues Zielen kommt es selten an. Ebenso großartig: Das akustische Umfeld. Das Anschwellen der Musik, wenn ihr euch einem Gegner nähert, das Piepen der technischen Spielereien, die krachenden Explosionen des afrikanischen Bürgerkiegs sowie die Unterhaltungen der vor euch postierten Wachen erwecken den High-Tech-Thriller eindrucksvoll zum Leben.

Weniger gut hat Ubisoft die Kamera im Griff, denn die befindet sich so dicht hinter Sam, dass er immer wieder euer Sichtfeld blockiert. Die Übersicht verabschiedet sich in solchen Augenblicken. Mir persönlich macht der verkleinerte Bewegungsradius der Kamera und die damit verringerte Übersicht sogar ohne ein Close-Up des Agenten zu schaffen. Wo vorher Informationen über Sams Gesundheit und Waffen standen, seht ihr dafür mehr als bisher, denn die Entwickler haben fast alle Anzeigen gestrichen. Ob ihr beim Rennen lärmt oder eine geschmissene Flasche Krach macht, hört ihr schließlich selbst. Alle anderen Angaben, wenn ihr z.B. Gegenstände aufheben, Gegner von hinten packen oder Türen öffnen könnt, werden bei Bedarf eingeblendet. Dazu zählt auch der Zustand eurer Schutzweste: Da sich dieser nach einigen Sekunden wieder herstellt (Verbandskästen braucht ihr nicht mehr), verschwindet das Symbol nach kurzer Zeit.

Ich sehe was…

Neben einem Ticker mit euren aktuellen Aufgaben seht ihr jetzt, ob Sam für Wachen sichtbar ist oder nicht. Diese beiden Zustände und ein roter Punkt für den Fall, dass Sam entdeckt wurde, sind die einzigen verbliebenen Werte in Bezug auf eure Sichtbarkeit. So richtig gefällt mir die neue Einfachheit nicht, denn das starre Entweder-oder-Prinzip raubt die noch in Chaos Theory aufgebaute Illusion, dass ich unter verschiedenen Lichtverhältnissen unterschiedlich stark zu erkennen bin. Letzten Endes funktioniert das Spiel mit dem Licht zwar wie gehabt (in hellen Ecken seid ihr zu erkennen, in dunklen nicht), mir war der variable Zustand aber lieber. Zumal Double Agent meine Hoffnung auf dynamische Lichtverteilung maßlos enttäuscht. Sind meine Erwartungen zu hoch gesteckt, dass ich bei einem Titel der nächsten Generation, welcher sich um das Spiel von Licht und Schatten

Beim Absprung aus dem Flugzeug müsst ihr erst den Fallschirm und anschließend den Hilfsfallschirm innerhalb eines Zeitlimits öffnen.

dreht, mit in Echtzeit berechnetem Lichteinfall rechne? Stattdessen gibt es erneut festgesetzte Zonen, in denen Sam entweder sichtbar ist oder eben nicht. Spätestens, als dieser riesige Scheinwerfer direkt auf ihn schien, hätte sich etwas an diesem Zustand ändern müssen!

Interessant wurde es für mich erst dort, wo ich mit Sam erstmals bei Tageslicht geschlichen bin. Da es bei Splinter Cell bislang darum ging, wie gut ihr ungesehen von einem Schatten zum nächsten Schatten gelangt, war die Frage: Funktioniert das auch bei Tageslicht? Muss ich auf andere Dinge achten als bei Nacht? Ja und nein. Zum einen seid ihr noch immer meist in finsteren Gängen unterwegs – der Schwerpunkt liegt deshalb weiterhin auf dem Verstecken im Dunkeln. Bei Helligkeit spielen wenige Szenen und nur einer von zehn Aufträgen führt euch komplett ins Licht. In der Eiswüste verhindert z.B. ein Schneesturm die freie Sicht und die restlichen beleuchteten Gebiete fordern kein Umdenken. Sicher: Ihr schleicht den Wachen dort nicht im Schutz der Finsternis direkt vor der Nase entlang, sondern rückt dann vor, wenn sie euch den Rücken zukehren. Das gab es jedoch schon in den vorherigen drei Teilen.

Zugegeben: Kleine Einfälle machen die Welt glaubhafter – wenn der Schneesturm im Ochotskischen Meer mal schwach und mal stark weht und so die Sichtweite beeinflusst oder dass Sam mit aufgesetzter Sonnenbrille in Kinshasa nicht sofort erkannt wird – aber eine Dynamik wie im angekündigten Assassin’s Creed, dank der ihr in einer Menschenmenge untergeht, nutzt der Doppelagent nicht. Außerdem gibt es kaum Figuren, die unterschiedlich auf Sams Erscheinen reagieren. Eine Hand voll Einwohner in Kinshasa, das war’s. Im Hauptquartier der Terroristen könnt ihr euch zwar frei bewegen, das ist im eigenen Unterschlupf aber keine Überraschung.