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Total War: Attila (Taktik & Strategie) – Zeitenwende in Europa

Mit Rome 2 hat Creative Assembly 2013 einiges an Kredit verspielt. Zu fehlerhaft war das Spiel zur Veröffentlichung, zu schwach die KI auf Kampf- und Weltkarte. Mit Total War: Attila versuchen sich die Entwickler in Wiedergutmachung am Ende eines Zeitalters. Ob in der Völkerwanderung der Spaß am Erobern zurückkehrt, klärt der Test.

© The Creative Assembly / Sega

Wankelmütiges Schlachtenglück

Auch in den Echtzeit-Schlachten wirkt die KI solide. Gerade in den offenen Feldschlachten organisiert der Computer seine Truppen ordentlich, greift über die Flügel an, versucht meine Formationen zu zerschneiden oder konzentriert seine Truppen an Schwachpunkten meiner Linien. Ist der Computer in der Überzahl, kesselt er meine Truppen zudem gnadenlos ein, umschließt meine Verbände effizient und setzt mich mit schnellen Einheiten solide unter Druck.

Dieses Verhalten ist auch endlich in den Belagerungen zu beobachten, auch wenn die KI immer mal wieder dazu tendiert, ihre Truppen in stupiden Frontalangriffen zu verheizen. Immerhin: Es werden durchaus mehrere

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Die Geschichte wird in vier Kapiteln erzählt, die durch stimmungsvolle Videos eingeleitet werden. © 4P/Screenshot

Zugänge gleichzeitig attackiert und auch die Kavallerie nutzt Lücken in den Flanken, um aus dem Rücken anzugreifen.

Auch Belagerungs-Verteidigungen werden jetzt schlüssig organisiert und der Feind reagiert weitestgehend angemessen auf Mauerbreschen, Artilleriebeschuss und Frontalangriffe. Dennoch ist hier Luft nach oben: Warum wagen die Feindtruppen bei zahlenmäßiger Überlegenheit so selten Ausfälle? Wieso sichern die Garnisonstruppen bei Unterzahl nicht das meist gut zu verteidigende Zentrum, sondern lassen sich über die Stadt verstreuen und einzeln bekämpfen? Immerhin: Gibt es eine Marine-Garnison, werden auch diese Truppen vom Computer effizient eingesetzt. Die Zeiten vollständiger Tatenlosigkeit vor dem Feind sind glücklicherweise vorbei.

Brutal im Kampf aber situativ ignorant

Leider haben die eigenen Einheiten aber nach wie vor Probleme mit der situativen Verschiebung im Kampf. So werden dezimierte Feindeinheiten nur manchmal automatisch umschlossen, sodass große Einheitengruppen

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Das neue dynamische Feuer kann auf die Siedlungen übergreifen und auch für die Strategiekarte wichtige Gebäude zerstören. © 4P/Screenshot

teilweise immer noch tatenlos herumstehen. Auch die Organisation der geschlossenen Reihen von Legionären und das Wechseln der Reihen zur personellen Entlastung der Krieger gibt es nach wie vor nicht. Zudem reitet die Kavallerie immer noch eigene Formationen in Stücke. Immerhin halten Pikeniere in Wallformation diszipliniert die Stellung und Kriegergruppen heben ihre Schilde, wenn sie von Pfeilen und Wurfspeeren eingedeckt werden.

Herrlich brutal wird es, wenn riesige Heere aus  langhaarigen Kriegern mit markerschütternden Schreien aufeinandertreffen. Dank feiner Animationen und toller Einheitenmodelle erreicht man fast wieder das martialische Level von Medieval 2. Da werden in erbitterten Zweikämpfen Krieger über Schilde nach hinten geworfen, Schwerter in heftigen Schlägen geführt und Äxte in die Schädel des Feindes getrieben, dass ein echtes Schlachtenepos entsteht – auch wenn die Gefechte für meinen Geschmack nach wie vor viel zu blutleer ablaufen.

Einzig die Einschläge von Pfeilen und Speeren wirken zu wenig brachial und wuchtig, zumal die Fernkampfwaffen merkwürdig dunkle Schweife hinter sich herziehen und einen Arcade-Touch in die ansonsten herrlich düsteren Gefechte bringen. Auch bei Belagerungen gibt es merkwürdige Realismus-Brüche: Warum fahren Leitern, Rammböcke und Belagerungstürme eigentlich wie von Geisterhand vor den jeweiligen Truppenteilen her? Hat es da nicht mehr für die Schiebe-Animationen gereicht?