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World in Conflict (Taktik & Strategie) – World in Conflict

Hilfe, die Russen kommen! Das haben sich die Schweden von Massive Entertainment scheinbar ganz groß auf die Entwicklerfahnen geschrieben, als sie über der Idee zu einem Nachfolger von Ground Control 2 brüteten. Aber ob sie ahnten, dass Putin passend zum Start auch gleich Super-Bombe und Super-U-Boot enthüllt? Egal. Das Echtzeit-Strategiespiel entführt euch in die späte Phase des Kalten Krieges, als im Jahr 1989 plötzlich alles eskaliert…

© Massive Entertainment / Vivendi Games / Ubisoft

 

Auch in Städten wird gekämpft: Hier ein französischer Hafen am Mittelmeer.

Massive Entertainment erzählt vielleicht nicht die beste Story, aber dafür eine erschreckende und entfacht dabei ein Panorama des Krieges, das seinesgleichen sucht. Dazu trägt auch der unheimlich stimmungsvolle Funkkontakt zwischen Stab und Truppe bei, der immer wieder neue Hiobsbotschaften, Sarkasmus oder kleine Zickereien zwischen den Offizieren überträgt. Und im Gegensatz zur Statik in der Story gibt es im Feld Dynamik pur. Die Missionen wurden sehr gut designt, sind angenehm logisch aufgebaut und lassen dennoch sehr viel Spannung und Panik aufkommen: Was mit einfachen Schutz- und Befreiungsaktionen beginnt, steigert sich zu verzweifelten Stellungskriegen an sensiblen Brückenköpfen, Sprengungen in letzter Sekunde oder der Säuberung ganzer Städte. Leider sind die Zielvorgaben manchmal etwas zu strikt, so dass man kaum die Möglichkeit hat, sich militärisch breit zu machen oder andere Lösungen zu suchen. Dafür wird man aber in einem turbulenten Einsatzwechsel von Amerika nach Europa, nach Russland und nach Amerika zurück katapultiert. Freut euch auf eine militärische Tour de Force, die euch Stück für Stück die Beherrschung aller Waffengattungen und Systeme abverlangt. Und hier zeigen die Schweden auch in der Kampagne eine Klasse, die nur selten erreicht wird.

Leveldesign & Tarnung

Mal geht es darum, bestimmte Geländepunkte zu halten; mal darum, den Feind aus seinen Stellungen zu vertreiben.

Das Leveldesign bietet euch mit seiner weiten Landschaft immerhin alternative Routen, die euren Truppen Deckung im Wald oder Attacken von der Seite ermöglichen. Wie schon in GC2 lohnt es sich, seine Jungs hinter Bäumen zu verschanzen, um den Feind von der Seite oder hinten zu überraschen – die Panzerung ist dort deutlich schwächer. Schön ist, dass sich solche Attacken wirklich bezahlt machen und dass das Schadenssystem mit seinen Trefferzonen trotz des Splitterstakkatos einen Hauch von Realismus versprüht: Wer dem Feind in die Flanke fällt, kann trotz Unterzahl gewinnen.

Schade ist allerdings, dass man seine Infanterie nicht auch in Mulden, hinter Mauern, Ruinen oder Hügeln gezielt in Deckung schicken, selber Gräben ziehen oder die Jungs in Boote packen kann. Das wäre eine klasse Ergänzung zum bekannten taktischen Repertoire im Gelände gewesen und hätte auch Umgehungen ermöglicht: In einer Mission muss ich Brücken

Alles im Blick: Die freie Kamera erlaubt jederzeit den Blick von weit oben; ihr könnt aber auch bis zum Soldatenstiefel hineinzoomen oder per Doppelklick in die rasante Verfolgersicht gehen.

einnehmen, kann den Feind aber nicht mit einer kleinen Flussüberquerung überraschen. Schön ist, dass Amphibienfahrzeuge durchaus zum Einsatz kommen, schade ist, dass auf hoher See bzw. in Häfen nichts passiert – es gibt keine Marine. Trotzdem gibt es genug Abwechslung: Während man Welle um Welle russischer Panzer abwehren muss, öffnet sich vielleicht irgendwo eine zweite Front oder der General verlangt mal eben zwischendurch die Ausschaltung einer Artillerie. Während man gerade ein Atom-U-Boot am Auslaufen gehindert hat, droht irgendwo ein zweites in See zu stechen. Man kann sich nie sicher sein, man kämpft immer gegen eine Übermacht und hat wirklich das Gefühl, ganz tief in der Misere zu sitzen.

Taktische Atomschläge

Und damit man da wieder herauskommt, sollte man tunlichst Gebrauch von taktischen Schlägen machen: WiC bietet euch eine Vielzahl an zerstörerischen Jokern, die eine Schlacht zu euren Gunsten entscheiden können. Ihr könnt auf Knopfdruck eine kleine Kampfjetstaffel anfordern, die feindliche Hubschrauber in null Komma nichts vernichtet; ihr könnt Fallschirmjäger hinter den Linien landen lassen; ihr könnt mit Napalm ganze Wälder samt versteckter Infanterie verbrennen; ihr könnt mit der Artillerie ganze Städte befeuern oder einzelne Panzer attackieren. Und wenn ihr ganz geduldig und gemein seid, dann spart ihr all diese Punkte für einen kleinen taktischen Atomschlag auf – der ist teuer, aber unheimlich effektiv.

Manche Missionen verlangen ein regelrechtes Stakkato an Artillerie-Schlägen, man muss das Gelände quasi zerpflügen, um eine Welle russischer Angreifer nach der anderen aufzuhalten. In diesen Missionen kracht und scheppert es so intensiv, dass man fast seinen Monitor festhält. Man könnte monieren, dass man hier über einfache Klicks zum Sieg kommt, denn die Hinweise auf das, was man tun muss, sind teilweise überdeutlich. Allerdings ist man angesichts der Hektik durchaus froh, wenn man auch mal über simples Knöpfchen drücken eine Schlacht entscheidet.