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Two Worlds (Rollenspiel) – Two Worlds

Wann gab es das letzte gute Fantasy-Rollenspiel? Wann konnte man das letzte Mal mit Schwert und Schild in eine freie Spielwelt mit faszinierender Landschaft, spannenden Quests und offener Karriere abtauchen? Knapp ein Jahr ist es her, dass The Elder Scrolls IV: Oblivion auf hohem Niveau unterhalten konnte. Sechs Monate später enttäuschte Gothic 3. Jetzt will es Two Worlds wissen…

© Reality Pump / Zuxxez

Prächtige Kulisse

In zwei Vorschauen haben wir die Kulisse gelobt und wir tun es auch jetzt: Die Welt von Antaloor sieht vor allem in der

Weite Sicht, prächtige Landschaft und monumentale Bauten – die Kulisse ist beeindruckend. Und auch auf Mitteklasse-PCs läuft das Abenteuer gut.

Landschaft beeindruckend aus. Egal ob Baumrinde, Felskontur, Blumenwiese oder Himmel, egal ob Abendrot, Nebelfelder oder Wolkenbruch – das sieht nicht nur klasse aus, sondern auch einen Tick besser als in Oblivion. An den Tag- und Nachtwechsel hat man sich mittlerweile gewöhnt, aber das unberechenbare Wetter ist hier fast spürbar: Wenn ein Unwetter aufzieht, krachen Blitze aus dem düsteren Himmel und der Wind peitscht durch das Gras.

Wenn man mit dem Bogen im Anschlag durch die Nebelfelder im Garnowald pirscht, die Silhouetten von schwarzen Türmen im Hintergrund und ein Orklager auf zwölf Uhr entdeckt, kommt tolkien’sche Freude auf. Allerdings werden auch hier trotz voller Rechenpower entfernte Wiesen wie ein Teppich aufgerollt. Sprich: Schwammige Texturen in der Distanz werden erst beim Herangehen mit scharfen Texturen versehen – aber das ist nur ein kleiner Fleck auf der ansonsten prächtigen Weste, den auch Oblivion tragen musste.

Zum anderen ist da eine Art Anderwelt, das Namen gebende Element für Two Worlds. An bestimmten heiligen Plätzen überschneiden sich die Reiche der Lebenden mit denen der Götter und Toten. Gerade eben läuft man noch über eine blühende Blumenwiese bei schönem Sonnenschein, man bemerkt die verwitterten Megalithsteine gar nicht und plötzlich versinken die Farben in einer schwelenden Düsternis, die sich wie ein Vorhang über alles legt. In dieser parallel existierenden Zwischenwelt könnt ihr mit eurer Schwester Kontakt aufnehmen.

Man hat nicht nur an eine beeindruckende Flora gedacht, sondern auch an die Fauna: Schlangen wuseln durchs Dickicht, Vögel flattern auf, Hasen hoppeln über Felder, abends leuchten Glühwürmchen und man kann neben Hirschböcken sogar Füchse entdecken. Auch abseits der bedrohlichen Monster wie Bär, Wildschwein, Wyvern oder Reaper tut sich was: Zyklopen, Oger, Golems und sogar Drachen warten auf euch.

Unterwelt & Architektur

Leider kann die Unterwelt nicht mit der Oberwelt mithalten. Höhlen und Dungeons sind weniger beeindruckend, man vermisst Fallen, Rätsel und dramatische Höhepunkte.

Die Unterwelt von Antaloor lockt mit Größe, Vielfalt und gewundenen Gängen, hat mich aber nicht so beeindruckt wie die Landschaft. Nach der Enttäuschung des ersten Tempels entdeckt man immerhin sehr verzweigte Höhlen mit reichlich Monstern und Schätzen – ideal für Plünderer. Auf der anderen Seite sind manche Dungeons steril, fast schon lieblos designt: Ein paar Statuen vor Eingängen, einfache Rundgänge, kaum Interaktion bis auf das Plündern von Kisten möglich. Könnt ihr euch an das Kribbeln von unterirdischen Klassikern wie Dungeon Master oder Ultima Underworld erinnern? Das gibt’s im Jahr 2007 nicht. Und vor allem das erste große Zwergendungeon war enttäuschend. Irgendwie vermisste man hier die architektonische Logik und vor allem die Dramaturgie eines Bosskampfes – selbst der Zyklop am Ende sorgte nur für ein Gähnen. Hätte man dieses Aufeinandertreffen nicht spannender inszenieren können? Wo bleiben das Stampfen, Schnauben und Brüllen? Oder in einer Situation vorher auf das Ungeheuer aufmerksam machen können?

Oblivion war unterirdisch interessanter. Mal abgesehen davon, dass die Physik hier für Rätsel oder Fallen keine Rolle spielt. Hier hatte Oblivion zwar auch nur angedeutet, was man mit beweglichen Hindernissen anstellen kann, aber leider geht Two Worlds nicht den wichtigen physikalischen Schritt weiter – dadurch bleibt die Welt eine statische.

Architektonisch imposant sind die Städte: Egal ob mittelalterlich, römisch oder asiatisch angehaucht – die schiere Größe der Mauern ist ebenso beeindruckend wie die Vielfalt der Baustile. Two Worlds vereint diverse historische Elemente und bietet damit viel Abwechslung vom Laubwald bis zur Dünenlandschaft. Trotz der Pracht wird das Spielerlebnis kaum von Ladezeiten unterbrochen. Und selbst auf Mittelklasse-Rechnern macht das Abenteuer eine gute, weil flüssige Figur.